
7.30.2025
Höhentraining: Strategien für das Laufen hoch über dem Meeresspiegel
Egal, ob du dich auf einen Wettkampf in den Bergen vorbereitest oder eine extreme Herausforderung suchst: Mit Höhen- oder simuliertem Höhentraining holst du das Beste aus dir heraus. In diesem Leitfaden erfährst du alles, was Läufer*innen über Höhentraining wissen müssen – von den wissenschaftlichen Vorteilen bis hin zu den besten Trainingsmethoden.
Was ist Höhentraining?
Höhentraining, auch bekannt als „Hypoxietraining“, findet ab einer Höhe von 2.000 Metern statt. Dort ist die Luft dünner und enthält weniger Sauerstoff, was das Atmen erschwert. Der Körper muss sich anpassen – und genau diese Anpassung macht sich dann in mehr Ausdauer und einer besseren Leistung bemerkbar.
Warum ist Höhentraining sinnvoll?
Höhentraining ist schon seit Langem bekannt, seine Vorteile wurden aber erst 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt – auf 2.240 Metern Höhe – richtig deutlich. Die Spiele zeigten, dass das Training bei geringem Sauerstoffgehalt die sportliche Leistung enorm verbessern kann. Seitdem hat die Sportwissenschaft Fortschritte gemacht und damit auch das Verständnis darüber, wie Höhentraining Top-Athlet*innen dabei hilft, ihr volles Leistungspotenzial zu entfalten.
Bekannte Läufer*innen wie Shalane Flanagan, Galen Rupp und Gwen Jorgensen schwören auf das Training in den Höhenlagen von Colorado und Utah. Mittlerweile nutzen viele Läufer*innen Höhentraining, um von seinen Vorteilen zu profitieren.
Was sind die positiven Effekte von Höhentraining?
Das Training in der Höhe fühlt sich für jede und jeden anders an. Einigen Läufer*innen fällt es leichter als anderen. Und es wird auch heute noch erforscht, wie man das Maximum aus dem Höhentraining herausholt. Dennoch gibt es zwei wesentliche, wissenschaftlich belegte Vorteile:
1. Steigerung der Produktion roter Blutkörperchen
In großer Höhe enthält die Luft weniger Sauerstoff. Als Reaktion darauf produziert der Körper vermehrt Erythropoetin (EPO), ein Hormon, das die Bildung roter Blutkörperchen ankurbelt. Je mehr rote Blutkörperchen, desto mehr Sauerstoff kann zu den Muskeln transportiert werden. Die Folge ist ein …
2. Verbesserter VO2max-Wert
Durch eine bessere Sauerstoffversorgung der Muskeln kann der Körper beim Training Energie effizienter erzeugen. Dadurch erhöht sich der VO2max-Wert – die maximale Sauerstoffmenge, die der Körper bei intensiver Belastung aufnehmen kann. Ein höherer VO2max-Wert bedeutet mehr Ausdauer und eine bessere Gesamtleistung.
Wem kann Höhentraining zugutekommen?
Höhentraining ist zwar am einfachsten für Profisportler*innen umsetzbar, die vorübergehend umziehen können, aber es kann grundsätzlich allen, die folgende Sportarten betreiben, helfen:
Marathon- und Langstreckenläufer*innen
Triathlet*innen und Radfahrer*innen
Skilangläufer*innen
Schwimmer*innen
Das hat einen einfachen Grund: Es erhöht die aerobe Kapazität des Körpers und verbessert die Sauerstoffversorgung der Muskeln.
So trainierst und performst du in großer Höhe
Einfach so zu einem Höhenlauf zu erscheinen, funktioniert nicht. Es braucht Planung und eine gute Vorbereitung. Hier sind 7 Wege, um dich optimal vorzubereiten:
1. Aerobes Training
Eine solide aerobe Basis ist entscheidend. Steigere deine aerobe Basis mit moderat intensivem Laufen oder anderen Cardio-Einheiten, die deinen Puls auf 50–70 % deiner maximalen Herzfrequenz (MHF) bringen.
Nach Angaben der American Heart Association kannst du deine MHF schätzen, indem du 220 minus dein Alter rechnest. Anhand dieses Wertes bestimmst du dann deine „Ziel-Herzfrequenzzone“ für moderates und intensives Cardio-Training.
Ein Beispiel: Eine 40-jährige Person hätte eine MHF von 180 (220 – 40 = 180).
Moderates Training
Die Zielzone für moderates Training liegt bei 50–70 % der MHF. Bei dieser Intensität kannst du dich noch unterhalten, bist aber leicht außer Atem.
Für eine 40-jährige Person bedeutet das eine durchschnittliche Herzfrequenz von 90–126 Schlägen pro Minute.
Steigerung der Intensität
Bau deine Basis schrittweise auf. Sobald du das geschafft hast, kannst du intensivere Einheiten wie Intervalltraining und Bergsprints in deinen Trainingsplan aufnehmen. Hochintensives Intervalltraining (HIIT) verbessert die Fähigkeit deines Körpers, Sauerstoff zu nutzen – ideal, um sich auf das Laufen in großer Höhe vorzubereiten.
Intensives Training
Diese Zielzone liegt bei 70–85 % deiner maximalen Herzfrequenz. Bei dieser Intensität atmest du schwerer und es fällt dir schwer, eine Unterhaltung zu führen.
Für eine 40-jährige Person bedeutet das eine durchschnittliche Herzfrequenz von 127–153 Schlägen pro Minute.
2. Eisen einnehmen (falls nötig)
Ohne ausreichend verfügbares Eisen können keine neuen roten Blutkörperchen gebildet werden. Daher kann es sinnvoll sein, bei Bedarf Eisenpräparate einzunehmen. Lass aber am besten vorher dein Blut testen und sprich mit einem Arzt, bevor du große Änderungen vornimmst. Beachte dabei auch:
Nimm Eisen zusammen mit Vitamin C ein, um die Aufnahme zu verbessern.
Erhöhe deinen Eisenkonsum über die Nahrung (z. B. durch Blattgemüse, Hülsenfrüchte und mageres Fleisch).
3. Ausreichend trinken
Trinke mehr Wasser als sonst. In der Höhe ist die Luftfeuchtigkeit geringer, und du verlierst schneller Flüssigkeit.
Achte auf Anzeichen von Dehydrierung und Höhenkrankheit (wie Übelkeit und Kopfschmerzen).
4. Antioxidantien
In großer Höhe gibt es weniger Sauerstoff. Das kann dazu führen, dass dein Körper vermehrt freie Radikale produziert (instabile Moleküle, die deine Zellen schädigen können). Dieser Stress für den Körper wird oxidativer Stress genannt.
Antioxidantien wie Vitamin E oder ein tägliches Multivitamin können helfen, weil sie die freien Radikale neutralisieren und deine Zellen schützen. Am besten beginnst du schon vor deiner Reise in die Berge mit der Einnahme, damit sich dein Körper leichter anpassen kann.
5. Allmähliche Akklimatisierung
Wenn du in große Höhe reist, solltest du Folgendes beachten:
Nimm dir die ersten Tage Zeit zur Eingewöhnung und streng dich nicht zu sehr an.
Akzeptiere, dass dein Tempo langsamer sein wird – das ist völlig normal.
Steigere die Höhe (falls du noch höher gehst) und die Distanz langsam.
6. Plane längere Pausen ein
Passe das Verhältnis von Intensität zu Pause an.
Trainiere in der Höhe mit einem Intervallverhältnis von 1:2 (also z. B. 3 Minuten Intensität = 6 Minuten Pause).
Gönne dir mehr Ruhe und Schlaf. Das ist besonders wichtig, da du in großer Höhe schlechter schläfst und häufige Wachphasen normal sind.
7. Atemtechniken üben
Nutze Atemtechniken (wie aus dem Yoga), wenn du außer Atem bist oder das Gefühl hast, nicht genug Luft zu bekommen, um die Kontrolle zurückzugewinnen.
Langsame, tiefe Atemzüge können Panik verringern und den Rhythmus wiederherstellen.
Wie viel Zeit sollte man in großer Höhe verbringen?
Minimal effektiver Aufenthalt: 3–4 Tage (um einen Anstieg des Hormons EPO zu bewirken, das zur Produktion roter Blutkörperchen beiträgt)
Ausreichender „Kurzaufenthalt“: 7–10 Tage
Maximaler Nutzen: Bis zu 30 Tage
Nach 30 Tagen haben sich die EPO-Werte oft stabilisiert.
Um weiterhin Fortschritte zu erzielen, kannst du Höhentraining und Training auf Meereshöhe abwechseln oder die Trainingshöhe schrittweise steigern.
Wie man Höhentraining auf Meereshöhe simuliert
Sollte ein Ortswechsel keine Option für dich sein, kann dir eine Höhensimulation helfen, ähnliche Vorteile und Erfahrungen zu erlangen wie ein Aufenthalt hoch über dem Meeresspiegel.
Höhenzelte und Höhenkammern
Diese Ausrüstung erzeugt eine Umgebung mit weniger Sauerstoff, in der du schlafen, dich akklimatisieren oder trainieren kannst. Höhenzelte passen über ein Bett oder einen Teil davon, während Höhenkammern größere „Räume“ sind, die Platz für mehrere Personen oder Trainingseinheiten bieten.
Höhenzelte: Reduzierte Sauerstoffwerte im Inneren des Zeltes ermöglichen es dir, in einer Umgebung mit geringem Sauerstoffgehalt zu schlafen und dich an die Höhe zu gewöhnen.
Höhenkammern: Diese zimmerähnlichen Strukturen schaffen ebenfalls eine Umgebung mit weniger Sauerstoff, bieten aber mehr Platz als Höhenzelte. So können Athlet*innen darin auch ganze Trainingseinheiten absolvieren.
Erhöhen Höhensimulatoren die Zahl der roten Blutkörperchen?
Ja, Höhensimulatoren können die Produktion roter Blutkörperchen steigern – einer der wichtigsten Vorteile des Höhentrainings. Die reduzierten Sauerstoffwerte in Höhenzelten und -kammern lösen einen Anstieg von Erythropoetin (EPO) aus. Dieses Hormon ist dafür verantwortlich, dass dein Körper mehr rote Blutkörperchen produziert.
Höhen-Trainingsmasken
Höhenmasken begrenzen den Luftstrom und erschweren die Atmung. Du atmest also weniger Luft ein und dein Körper erhält somit auch weniger Sauerstoff. Das erzeugt zwar keine echte sauerstoffarme (hypoxische) Umgebung wie in großer Höhe, kann aber einige Effekte simulieren. Zum Beispiel gerätst du schon bei einer geringeren Trainingsintensität schneller außer Atem.
FAQ: Höhentraining für Läufer*innen
Wie lange dauert es, sich an die Höhe zu gewöhnen? Die meisten Athlet*innen brauchen 7 bis 10 Tage, bis sie erste Anpassungseffekte erzielen. Die vollständige Akklimatisierung kann bis zu 3 Wochen dauern.
Kann ich auch bei einem kurzen Aufenthalt vom Höhentraining profitieren? Ja. Schon ein 3- bis 4-tägiger Aufenthalt kann den EPO-Spiegel erhöhen. Dieses Hormon trägt maßgeblich zur vermehrten Produktion roter Blutkörperchen bei.
Woran merke ich, ob das Höhentraining erfolgreich war? Ein Bluttest kann Aufschluss darüber geben, wie viel sauerstofftransportierendes Hämoglobin sich in deinem Blut befindet – eine direkte Reaktion auf das Höhentraining. Aber auch wenn du nach dem Höhentraining neue Bestzeiten läufst, ist das ein starkes Zeichen für deinen Erfolg.
Sind Höhen-Trainingsmasken effektiv? Höhenmasken simulieren einen eingeschränkten Luftstrom, aber keine tatsächliche Sauerstoffarmut. Sie können deine mentale und respiratorische Stärke verbessern, aber sie ersetzen keine echte Höhenumgebung.
Wie viel Wasser sollte ich in großer Höhe trinken? Es wird empfohlen, in großer Höhe täglich 1 bis 1,5 Liter zusätzlich zu trinken, insgesamt also 3 bis 4 Liter. Dein Körper verliert durch die schnellere Atmung und die trockenere Luft in der Höhe mehr Wasser. Besonders für Läufer*innen ist das wichtig.
Was, wenn ich höhenkrank werde? Leichte Symptome (Kopfschmerzen oder Übelkeit) sind normal. Gönne dir Ruhe, trinke viel und steige ab, wenn sich die Symptome verschlimmern.
Was ziehe ich beim Höhentraining an? Der Zwiebellook ist beim Höhentraining der Schlüssel. So können sich Läufer*innen schnell an wechselnde Temperaturen und Wetterbedingungen anpassen. Ein feuchtigkeitsableitender Base Layer sorgt dafür, dass deine Haut schnell trocknet und deine Körperkerntemperatur reguliert wird. Eine hochwertige Außenschicht, wie ein Windbreaker, schützt dich vor Wind und Regen. Auch Accessoires wie Mützen und Handschuhe, die du schnell an- und ausziehen kannst, sollten nicht fehlen.
Neue Höhen erreichen
Höhentraining ist eine äußerst wirkungsvolle Trainingsmethode. Ganz gleich, ob du dich auf einen Wettkampf vorbereiten oder deine Ausdauer steigern möchtest: Entscheidend sind eine gute Vorbereitung, ausreichend Flüssigkeit, Geduld und das Respektieren der eigenen Grenzen. Wohin wird dich dein Training führen?
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